Heute wird es ernst. Um 09:00 Uhr treffen Laura und Urs bei uns in der Pension in Brasov ein. Meine diesjährige Motorradgruppe muss einen halben Tag auf ihren Guide verzichten. Urs hat sich angeboten, eine Tour mit der Gruppe zu fahren, worüber ich mich ganz besonders freue. So haben alle etwas davon, denn Urs ist gerne mit uns unterwegs.
Laura und ich steigen ins Auto und machen uns auf den Weg nach Făgăraș. Das Auto ist bis unters Dach vollgepackt mit den Sachen, die wir heute Nachmittag beim Kinderheim in Ghimbav vorbeibringen wollen. Entsprechend vorsichtig bin ich beim Überfahren der Schlaglöcher und Kanten.
Kaum haben wir Brașov verlassen und Ghimbav passiert, schon wird die Straße besser. Die E68 ist ziemlich neu ausgebaut und lässt sich super fahren. Es gibt auch relativ wenig Verkehr. Wir kommen gut voran, während wir uns angeregt unterhalten. Laura freut sich sehr darüber, dass wir quasi Nachbarn werden.
In Făgăraș angekommen finden wir einen Parkplatz in der Nähe der Adresse, die das Navi zeigt. Wir sind früh dran, trotzdem suchen wir erstmal die Kanzlei. Dort, wo das Navi meint, finden wir diese nicht. Laura fragt einen Passanten, der zeigt auf ein Tor, ca. 50m entfernt. Darüber befindet sich das Schild der Kanzlei. Nur wenige Meter entfernt gibt es ein Cafe, ich lade Laura auf einen ebensolchen ein. Wir setzen uns draußen an einen freien Tisch. Wenige Minuten nachdem wir unsere Getränke haben, werden wir von hinten begrüßt. Hedda Wonner und Axel Pantenburg kommen auch gerade an und setzen sich zu uns. Wir unterhalten uns noch ein wenig, bevor wir dann kurz vor 11:00 Uhr aufbrechen zur Kanzlei.
Wir sitzen nur kurz im Warteraum, bevor wir durch das Vorzimmer in die Amtsstube gebeten werden. Dort sitzen Hedda Wonner und ich vor dem großen Schreibtisch, Laura und Hr. Pantenburg sitzen hinter uns – wie Trauzeugen bei einer Hochzeit 😉
Der Übersetzer kommt dazu und meint, er habe die Mail von mir mit den Vertragsentwürfen nicht bekommen. Ich habe sie in gedruckter Form dabei und händige sie ihm aus. Dann warten wir.
Die akademische Viertelstunde ist lange vorbei, Frau Wonner meint, die Wohnung der Notarin wäre genau obendrüber. Ich überlege mal kurz mit dem Besenstiel … 😉
Wir nutzen die Zeit für den Übersetzer. Der kommt herein, liest die deutsche Übersetzung zum Vertrag laut vor und vergleicht ihn mit dem Orginalvertrag auf rumänisch. es passt alles, nur einmal wurde die Maßeinheit qm hinter der Zahl vergessen. Mit seiner Unterschrift und einem Stempel bescheinigt er dann auf einem Protokoll, dass er mir den Vertrag auf deutsch erklärt hat.
Da kommt auch gerade die Notarin herein. Sie hat eine Jacke an und eine Handtasche dabei, die Haare frisch gestylt wie gerade vom Frisör. Das könnte auch der Grund für die Verspätung sein.
Sie spricht mich auf deutsch an, mit Frau Wonner redet sie auf rumänisch. Laura übersetzt mir fast simultan alles, was auf rumänisch gesprochen wird. Vieles verstehe ich – zumindest dem Sinn nach – mittlerweile auch so. Erst werden die Personalien festgestellt, dann der Auszug aus dem Grundbuch besprochen. Dann geht es um den Kaufvertrag. Aus dem Vorzimmer kommt ein dicker Packen Papier. Es sind die Kopien unserer Ausweise, der Steuernummern, des Protokolls vom Übersetzer, des Energieausweises etc. Ich bekomme alles erklärt und muss auf jedem Blatt unterschreiben. Nach mit unterschreibt auch Frau Wonner jedes Blatt und zum Schluss die Notarin. Alles wird per Stempel und Siegel amtlich gemacht und dann zusammengeheftet. Das kommt, zusammen mit dem Orginal-Kaufvertrag in ein Archiv in Bukarest, erklärt man mir.
Nun wenden wir uns dem Kaufvertrag zu. Ich zahle den Restbetrag der Kaufsumme in bar, worauf Frau Wonner den Kaufvertrag unterschreibt. Ich tue es ihr nach und dann die Notarin. Nun bin ich Besitzer der Liegenschaft in Cincu.
Die Notarin gibt mir die Hand und beglückwunscht mich. Sie meint, nun wird es Zeit für mich, richtig rumänisch zu lernen, wenn ich dort leben will. Der Übersetzer fragt, ob er seine Rechnung stellen darf, weil seine Anwesenheit nicht mehr erforderlich ist. Ich frage, was ich schuldig bin. 5% der Kaufsumme meint er. Ich stutze und fange an zu rechnen. Er lacht und meint, das war ein Spaß. 50 Lei beträgt sein Honorar, was ich ihm dann auch gleich aushändige.
Während draußen im Vorzimmer die Gebühren und die Steuer berechnet, sowie der Kaufvertrag fertig gemacht wird, weist mich die Notarin drauf hin, dass ich mich innerhalb von 30 Tagen in Cincu anmelden muss. Ich bin im September wieder hier, antworte ich, das reicht noch aus. Sie meint, wenn ich noch Zeit habe, soll ich es gleich machen. Ich weise auf die Zeit hin (es ist mittlerweile nach 13:00 Uhr) und sage, vermutlich ist keiner mehr da, bis wir hingefahren sind. Daraufhin lässt sich die Notarin die Nummer der Stadtverwaltung von Cincu geben und ruft dort an. Nach ein paar Versuchen kommt sie durch und spricht mit dem Bürgermeister. Sie sagt ihm, dass ein Deutscher hier ist, eine Immobilie gekauft hat und sich noch anmelden will. Daraufhin versichert man ihr, dass jemand da bleibt, bis ich komme.
Ich zahle noch die Gebühren, die Steuer und bekomme einen bon fiscal – eine Quittung. Mehrfach weist man mich darauf hin, dass ich die gut verwahren soll. Die wäre unheimlich wichtig, um nachzuweisen, dass ich bezahlt habe. Dann bekommen beide Parteien je 3 Abschriften des Kaufvertrages ausgehändigt. Das Original geht ins Archiv nach Bukarest. Wir verabschieden uns und machen uns auf den Weg nach Cincu.
Kurz nach Cincșor laufen wir auf ein langsam fahrendes Auto mit Bukarester Nummer auf. Schnell wird klar, dass es sich um Fr. Wonner und Hr. Pantenburg handelt. Deshalb überholen wir nicht. Laura genießt die Landschaft und meint, ich hätte mir eine wunderschöne Ecke ausgesucht.
In Cincu folgen wir erst der Umgehungsstraße, dann biegen wir nach links in das Zentrum ab. Dort hält Hr. Pantenburg an, Fr. Wonner steigt aus und zeigt auf einen Parkplatz für uns. Sie geht voraus ins Rathaus und die Treppe hoch in den 1. Stock. Sie kennt sich hier aus und geht zielstrebig in das Büro der Sachbearbeiterin. Diese erwartet uns bereits, fragt mich nach dem Kaufvertrag, worauf ich eine der drei Kopien aus meinem Ordner hole. Sie nimmt das Dokument, drückt einen Stempel drauf, unterschreibt daneben und fügt noch Datum und Uhrzeit dazu. Dann legt sie ihn in eine Ablage und teilt mir mit, dass ich ab sofort als Besitzer gemeldet wäre.
Wieder draußen verabschieden wir uns von den Verkäufern und fahren natürlich erstmal zum Haus. Einen Schlüssel haben wir noch nicht, der Nachbar, der ihn hat, ist noch auf der Arbeit. So bleibt uns nur ein Blick durch die Ritzen des Zauns und der Anblick von außen.
Allzu lange halten wir uns nicht auf, denn wir müssen nach Ghimbav. Für den Nachmittag haben wir uns mit meiner Moppedgruppe im Kinderheim verabredet, wo wir unsere Hilfsgüter übergeben und ein wenig Zeit mit den Kindern und vor allem mit Maja, der Leiterin der Einrichtung verbringen.
Abends gehen wir in Brasov zum essen, obwohl ich eingeladen habe, darf ich die Zeche nicht bezahlen. ich hätte heute schon genug Geld ausgegeben 😉